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Corona-Taskforce in der Praxis – Vier Wochen operative Liquiditätssteuerung im Lockdown

Autor

Nicola Ellinger

Georgiy Michailov

Kategorien

Business-Blog

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SMP beleuchtet mit dem Liquiditäts-War-Room einen essenziellen Teil der Corona-Taskforce und zeigt, welche Erfolgsfaktoren entscheidend waren:

„In der Corona-Krise wird nicht der Flexibelste überleben, sondern derjenige, der es schafft, möglichst schnell ausreichend Liquidität zu sichern.“

In Zeiten von Ausgangssperren, leeren Verkaufsflächen, Umsatzeinbrüchen und fehlenden Zahlungseingängen ist eine enge Liquiditätssteuerung und Überwachung der Corona-induzierten Geschäftsmodell-Risiken wichtiger denn je.
Da die meisten Unternehmen unvorbereitet und plötzlich durch die Corona-Krise getroffen wurden, ist nun eine kurze Reaktionszeit für die Umsetzung wirksamer Maßnahmen zur Existenzsicherung notwendig.

Hier möchten wir mit dem Liquiditäts-War-Room einen essenziellen Teil der Corona-Taskforce beleuchten und darstellen, welche Erfolgsfaktoren für einen unserer mittelständischen Kunden aus dem B2B-Bereich mit ca. 120 Mio. EUR Jahresumsatz entscheidend waren. Darüber hinaus zeigen wir auf, wie er mit dem Liquiditäts-War-Room ein hohes Maß an Transparenz zur Liquidität erhalten, schnelle Entscheidungen getroffen und wirksame Maßnahmen umgesetzt hat.

Bereits zwei Tage nach der Beauftragung und der ersten Szenario-Simulation sowie der Erkenntnis, dass die Liquidität bedingt durch die Corona-Krise voraussichtlich knapp wird, wurde ein tägliches Meeting im Management-Kreis einberufen, der sogenannte Liquiditäts-War-Room. Der Teilnehmerkreis umfasst dabei die Vorstände und Leistungsträger aus den Bereichen Vertrieb, Einkauf, Produktion, Versand, Finanzbuchhaltung und Controlling. Die tägliche Meeting-Agenda orientiert sich dabei an den eingesetzten Instrumenten:

Management-Informationssystem

Neu eingeführtes, täglich aktualisiertes übersichtliches Reporting, mit einem Überblick zur Entwicklung von Auftragseingang, Umsatz, Faktura-Erwartung, Zahlungseingängen und -ausgängen im Plan-/Ist- und Vorjahresvergleich.

Direkte 3-Wochen sowie 13-Wochen Liquiditätsplanung

Vereinfachte, täglich aktualisierte Liquiditätsplanung, die auf OPOS-Listen basiert. Die Plausibilität wird durch ein Team aus der Finanzbuchhaltung erhärtet. Ein Tutorial zum vereinfachten Liquiditätstool haben wir hier hochgeladen.

Veränderter Bestellprozess und Einführung eines No-Go-Tools

Alle Bestellungen über 200,- EUR müssen mittels No-Go-Formular beim Controlling gemeldet werden und dürfen erst nach erfolgter Freigabe durch den Vorstand sowie durch den Einkauf bestellt werden. Dadurch wurde Maverick-Buying komplett unterbunden. Darüber hinaus werden alle Zahlläufe durch den Vorstand persönlich freigegeben.

Protokoll auf Basis des verbindlichen Liquiditäts-Radars inkl. Corona-Risikoeinschätzung

Die im Liquiditäts-War-Room getroffenen Entscheidungen und vereinbarten nächsten Schritte werden im Liquiditäts-Radar (RAID-Konzept) festgehalten und im Anschluss an das Meeting versandt. Darüber hinaus werden die Corona-Risikodimensionen Beschaffung, Logistik, Absatz und internes Personal täglich bewertet und dokumentiert.

Folgende operative liquiditätsschöpfende Maßnahmen waren für unseren Kunden erfolgsentscheidend:

  • Das wöchentliche Mahnwesen wurde massiv verschärft und 430 Kunden mit Außenständen wurden innerhalb von zwei Wochen von dem Außendienst mit einer täglichen Rückmeldung zur Response-Quote angerufen (Effekt 790 TEUR).
  • Verlängerung der Zahlungsziele: Bei den Top fünf größten Lieferanten konnten die Zahlungsziele schriftlich verlängert werden bei gleichbleibenden Skonto-Konditionen (Effekt 230 TEUR).
  • Reduktion der Bestellungen durch die Einführung des No-Go-Tools auf ein absolut notwendiges Maß (-30% zum Vorjahr in den ersten vier Wochen).
  • Verkauf von Altbeständen und Reduktion rein imagefördernder Leistungen (290 TEUR).
  • Einführung von Kurzarbeit, die mit Hilfe einer einheitlichen Vorlage wöchentlich durch die Abteilungsleiter gemeldet und direkt beantragt wurde. Im Overhead-Bereich wurde zunächst der Zielwert i.H.v. 55% Kurzarbeit kommuniziert und schließlich durch den sportlichen Ehrgeiz der Abteilungsleiter sogar übertroffen. In der Produktion wurde die Höhe der Kurzarbeit wöchentlich in Abhängigkeit von Auftragsbestand und Warenverfügbarkeit definiert (62% Kurzarbeit im Mittel).
  • In einem zweiwöchentlichen Rhythmus wurde mittels Kundenumfrage ein Corona-Stimmungsbarometer erstellt, das den Kunden anschließend zur Verfügung gestellt wurde. Gleichzeitig hat das Unternehmen durch die erhobenen Daten früh Tendenzen im Markt erkannt, dadurch eine höhere Planungssicherheit erzielt und konnte die Höhe der Kurzarbeit darauf ausrichten.
  • Die crossfunktionalen Teams wurden durch das gemeinsame Ziel und die frühen Erfolge zusammengeschweißt, Abteilungsgräben aufgelöst und die Kommunikation und Transparenz gestärkt. Die fähigsten Mitarbeiter des Unternehmens ziehen täglich im Liquiditäts-War-Room an einem Strang und erzielen beeindruckende Ergebnisse (unschätzbar wertvoll).
     

Gesamteffekt liquiditätssteigernder Maßnahmen: mindestens 1,5 Mio. EUR

Darüber hinaus wurden aktuell übliche Themen wie Steuer- und Tilgungsstundungen sowie Sale-and-Lease-Back-Maßnahmen umgesetzt.

Insgesamt konnten wir die Liquidität unseres mittelständischen Unternehmens so sichern und die „Intensität“ des Liquiditäts-War-Rooms auf mittlerweile nur noch zwei Treffen pro Woche reduzieren.

Handlungsempfehlungen für ein schnelles, wirksames Liquiditätsmanagement

1.
Liquiditätssicherung ist Chefsache und hat die höchste Priorität!
Scheuen Sie sich nicht vor einem hochkarätigen und crossfunktionalen Teilnehmerkreis: Binden Sie die fähigsten Mitarbeiter ein und stellen Sie sicher, dass sie entscheidungsbefugt sind: Geschäftsführung, Abteilungsleiter und nach Bedarf einzelne Wissens- und Leistungsträger.


2.
Schaffen Sie Transparenz!
Setzen Sie möglichst schnell ein täglich aktuelles Dashboard als Übersicht zur Liquiditätsentwicklung und zu den Performance-Kennzahlen auf. Andere „strategisch wichtige“ Aufgaben des Controllings können warten.


3.
Fördern Sie die 360-Grad-Kommunikation!
Treffen Sie sich zu Beginn möglichst täglich und dafür möglichst kurz, gern im Stehen. Die Mitarbeiter schätzen das Ihnen entgegengebrachte Vertrauen und werden die definierten Maßnahmen mit der notwendigen Verbindlichkeit umsetzen. Beziehen Sie alle relevanten Stakeholder in Ihre Überlegungen mit ein.

Unseren Leitfaden zur Bewältigung der Corona-Krise können Sie hier herunterladen: struktur-management-partner.com/de/aktuelles-existenzsicherung-corona-phase.html

Nicola Ellinger Managerin B.A.

Georgiy Michailov Managing Partner Dipl.-Volkswirt, B.M. (TSUoE)

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