Thalamus als „Tor zum Bewusstsein“ oder Warum Energie dem Fokus folgt
Jeden Tag prasseln mehrere Milliarden Eindrücke auf uns ein. Diese Eindrücke zu filtern, ist eine essenzielle Aufgabe unseres Gehirns. Zuständig dafür ist der Thalamus, der darüber entscheidet, welche Informationen so wichtig sind, dass sie just in diesem Moment ans Großhirn weitergeleitet werden. Er sorgt dafür, dass wir von den vielen Reizen nicht überwältigt werden, sondern die Realität zielgerichtet wahrnehmen können.
Wie wir die Welt „da draußen“ erleben, beschäftigt mich seit Jahrzehnten – im Grunde seit ich sie „bewusst“ wahrnehme und über die Entwicklung des eigenen Selbst im Wechselspiel von Innen- und Außenwelt nachdenke. Ich bin dabei zu der Überzeugung gelangt, dass die menschliche Wahrnehmung aus zwei Perspektiven betrachtet werden kann:
1. Aus der Perspektive der „aktuellen Aufmerksamkeit“
2. Aus der Perspektive der „inneren Haltung“
Bei der Perspektive der „aktuellen Aufmerksamkeit“ handelt es sich um die verstärkte Identifikation äußerer Faktoren, die eine Person in diesem einen Moment akut beschäftigen. Jeder kennt dieses Phänomen: Sie erwarten ein Kind – und sehen beim Einkauf auf einmal überproportional viele kleine Kinder oder schwangere Frauen. Sie kaufen ein Auto einer bestimmten Marke – und sind überrascht, wie viele Autos dieser Marke plötzlich auf den Straßen zu sehen sind. Anders gesagt: Was Sie im Innern beschäftigt, „finden“ Sie in der Umwelt mit einem Mal deutlich häufiger als zuvor.
Bei der Perspektive der „inneren Haltung“ geht es eher um die grundsätzliche Einstellung zum Leben, somit um die Interpretation der Realität. Das berühmteste Bild, das dies auf den Punkt bringt, ist das Glas, das halb voll oder halb leer ist – je nachdem. Dabei geht es um weit mehr als die Frage, ob Sie ein optimistischer oder ein pessimistischer Mensch sind. Unsere Haltung bestimmt nicht nur die Wahrnehmung der Welt, sondern gestaltet sie auch.
Eins der eindrucksvollsten Beispiele für das, was ich damit meine, besteht aus Experimenten des englischen Psychologen und Glücksforschers Richard Wiseman. Dazu lud er selbsternannte „Glückspilze“ und „Pechvögel“ in sein Testlabor ein. Wiseman gab ihnen eine Zeitung und bat sie, die Fotos darin zu zählen. In dieser Zeitung brachte er Anzeigen unter – mal eine, in der die Zahl der Fotos stand und das Experiment für beendet erklärt wurde, mal eine, die den Leser aufforderte, sich beim Forschungsleiter zu melden und dafür 250 Dollar zu bekommen. Es kam, wie es kommen musste: Viele Teilnehmer meldeten sich bei ihm – doch fast alle zählten zur Gruppe derer, die sich als „Glückspilze“ verstanden. Nur sie hatten jeweils das Inserat gesehen. Es waren solche Vorfälle, die Richard Wiseman zu der Erkenntnis brachten:
„Our beliefs do not sit passively in our brains waiting to be confirmed or contradicted by incoming information. Instead, they play a key role in shaping how we see the world.”
Anders gesagt:
Unsere Haltung bestimmt, wie wir die Welt wahrnehmen, auch was wir wahrnehmen, sprich ob wir Chancen erkennen, und damit im besten Fall: wie wir leben.
Wir können, ja sollten bewusster mit unserem Thalamus umgehen. Wenn es uns gelingt, den Fokus neu zu justieren und offen auf die Welt zu schauen, wird unsere Energie – im Privaten wie im Geschäftlichen – leichter fließen.