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Die fünf besten eponymischen Gesetze der Welt

Autor

Georgiy Michailov

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Oder: Worauf wir im Alltag besonders achten sollten

Als ich neulich den Begriff „eponymische Gesetze“ („eponymous laws“) las, war meine Neugierde sofort geweckt. Es handelt sich dabei nicht um klassische physikalische Gesetze wie die Faradayschen Gesetze (zur Elektrolyse) oder das Boylesche Gesetz (über Gase), die als unumstößlich gelten. Vielmehr geht es um Weisheiten oder einfache Generalisierungen, die unsere komplexe Welt und manchmal auch das menschliche Verhalten auf eingängige Weise erklären.

Benannt werden eponymische Gesetze nach ihren Schöpfern oder Ideengebern. Daher auch der Begriff. Eponyme sind Wörter, die von realen, fiktiven oder mythischen Personen und Orten abgeleitet werden. Denken Sie nur zum Beispiel an Zeppeline, das Röntgen oder das Pasteurisieren von Milch.

Aus der unglaublichen Fülle dieser „Gesetze“ (die manchmal auch von anderen abgewandelt und erst in neuer Form so richtig bekannt wurden) habe ich fünf Weisheiten ausgewählt, die mich besonders ansprachen.

1.   Murphys Gesetz

Seine Vorgeschichte ist so kurios wie das Gesetz selbst. Die Details werden bis heute heiß diskutiert, aber sie geht ungefähr so: Im Jahr 1949 nahm der Ingenieur Captain Edward A. Murphy an einem Raketenschlittenprogramm der US Air Force teil, mit dem die Grenzen der Belastbarkeit des menschlichen Körpers getestet werden sollten. Bei einem aufwändigen Experiment, bei dem sechzehn Mess-Sensoren am Körper einer Testperson angebracht wurden, ging dann aber alles schief, weil jemand sämtliche Sensoren falsch angeschlossen hatte. Diese Panne inspirierte Murphy zu seiner Formulierung, die unter anderem in dieser Variante überliefert ist:

„If there’s more than one possible outcome of a job or task, and one of those outcomes will result in a disaster or an undesirable consequence, then somebody will do it that way.”

Bekannt wurde Murphys Gesetz, weil Offizier John Paul Stapp es wenig später auf einer Pressekonferenz erwähnte und seinen Kern erklärte – als Grund dafür, dass sie bei ihren Experimenten für alles Mögliche Vorsichtsmaßnahmen trafen. In einer stark verkürzten Version trat das Gesetz seinen Siegeszug um die Welt an und fasziniert vor allem Natur- und Ingenieurwissenschaftler bis heute.

Im Deutschen wurde das Gesetz in seiner Kurzfassung berühmt, die griffiger ist, allerdings auch deutlich pessimistischer klingt:

„Alles, was schief gehen kann, wird auch schief gehen."

Die Essenz des Gesetzes besteht aus Erfahrungswissen und gilt vor allem für geschlossene Systeme. Es ist ein heuristischer Maßstab, der in der modernen Technik für Fehlervermeidungsstrategien genutzt wird, etwa in der Qualitätssicherung und in der Informatik, wo das Fail-Safe-Prinzip – das mögliche Fehler von Anfang an mitdenkt und bereits in der Konstruktion von Maschinen, Anlagen und IT berücksichtigt – zum Beispiel dazu führt, dass auf redundante Systeme gesetzt wird.

Obwohl Murphys Gesetz nicht als „wahr“ in einem tieferen Sinne gilt und auch nicht als Satz über Wahrscheinlichkeiten zu verstehen ist, scheint es sich im Alltag immer wieder zu bestätigen. Diese Wahrnehmung wird allerdings auf kognitive Verzerrungen wie den „Bestätigungsfehler“ zurückgeführt (wonach wir vor allem die Informationen registrieren, die unsere Erwartungen erfüllen oder unsere Meinung bestätigen).

Paradoxerweise ist in vielen Fällen menschliches Versagen die Ursache des Scheiterns. Allerdings tragen meist auch andere Faktoren außerhalb unserer Kontrolle dazu bei, dass die Dinge scheinbar „unweigerlich“ schief gehen. Dazu gehören Handlungen von Mitmenschen, unbewusste Sabotageakte unseres Gehirns, der unbändige Wille unseres Körpers oder die Tücke des Objekts.

2.   Parkinsons Gesetz

Dieses vom britischen Historiker Cyril Northcote Parkinson formulierte Gesetz nimmt ironisch-satirisch das Wachstum von Bürokratie aufs Korn. Bekanntlich werden Verwaltungen gern immer größer, und zwar weniger wegen der Komplexität ihrer Aufgaben als vielmehr aus einer Tendenz heraus, sich selbst aufzublähen.

„Arbeit dehnt sich in dem Maße aus, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht.“

Diese Beobachtung ist von universeller Aussagekraft. Sie gilt auch für Unternehmen und – wenn wir ehrlich sind – selbst im Privatleben. Eine Aufgabe, die im Normalfall zehn Minuten in Anspruch genommen hätte, wird auf einmal mit solch einer Akribie und unter so vielen Abwägungen erledigt, dass sie drei Stunden dauert – nur weil kein Zeitdruck mehr herrscht und jemand in aller Seelenruhe daran sitzen kann.

Erstmals notiert hatte Parkinson sein „Gesetz“ im November 1955 in einem Artikel für den „Economist“, der sich um den öffentlichen Dienst drehte. Zwei Jahre später baute er den Gedanken aus, in einem Buch über Verwaltungen, das zum Bestseller wurde und weitere Beobachtungen enthielt.

So nimmt die Zahl der Beamten in der Regel selbst bei abnehmenden Aufgaben ständig zu.

Der Grund: Jeder Mitarbeiter will Untergebene – zum einen, um Bedeutung zu erlangen, zum anderen, um Arbeit abzugeben, ohne sich Konkurrenten zu erschaffen. Und so kriegt er zwei Untergebene, die sich dann ihrerseits über zu viel Arbeit beklagen und selbst wieder zwei Untergebene bekommen.

Ein zweites unausweichliches Gesetz: Beamte machen sich gegenseitig Arbeit, indem sie Dokumente durch die vielen Ebenen der Hierarchie schleusen, verändern und abstimmen. Die Folge: Das Schreiben eines einfachen Briefes an eine Bürgerin beschäftigt schon mal sieben Kollegen. Okay, ich überspitze – aber nur leicht?

Andere treffende Beobachtungen: In Besprechungen werden nicht die wichtigsten Themen diskutiert, sondern jene, die von allen Anwesenden am besten verstanden werden. Vorgesetzte symbolisieren ihre Wichtigkeit durch Vorzimmerdamen, Türen, Telefone und die Dicke des Teppichs. Ein imposantes Firmengebäude kann darauf hindeuten, dass die besten Tage des Unternehmens vorbei sind, denn in Zeiten hoher Produktivität hat niemand Zeit, ein perfektes Gebäude zu bauen.

Parkinsons Beobachtungen sind humorvoll, werfen aber auch einen kritischen Blick auf die bitteren Realitäten der Bürokratie. Denn kennen wir nicht alle die Abteilung, die Behörde, die sich mit vielen Argumenten und Erfindungsreichtum zu halten weiß, obwohl der Zweck, für den sie einst geschaffen wurde, längst entfallen ist?

3.   Kidlins Gesetz

Haben Sie schon einmal ein Problem gehabt, das zu komplex oder überwältigend schien, um es zu lösen? Fühlten Sie sich deshalb vielleicht blockiert, frustriert oder verwirrt, was als nächstes zu tun war?

Viele Menschen kennen solchen Herausforderungen und brauchen dann Unterstützung bei der Lösung des Problems, vor allem, wenn es vage, mehrdeutig oder komplex ist.

Was wäre nun, wenn es einen einfachen Weg gäbe, jedes Problem auf ganz leichte Weise zu lösen? Was wäre, wenn es ein Gesetz gäbe, das uns hilft, zum Kern des Problems vorzudringen? Hier kommt Kidlins Gesetz ins Spiel. Es besagt:

„Wenn du das Problem klar aufschreibst, ist es schon halb gelöst.“

Ein ähnliches Zitat – das in verschiedenen Varianten kursiert und gerne Albert Einstein zugeschrieben wird (ohne dass es dafür Belege gibt) – geht noch einen Schritt weiter:

„Wenn ich eine Stunde Zeit hätte, um ein Problem zu lösen, würde ich 55 Minuten damit verbringen, über das Problem nachzudenken und fünf Minuten mit der Lösung.“

Die Wurzeln von Kidlins Gesetz liegen im Dunkeln, aber wichtiger scheint mir auch, ob es einem helfen kann. Ich denke: Ja.

Dem Gesetz zufolge ist die Definition des Problems bereits einer der wichtigsten Schritte auf dem Weg zu einer Lösung. Das Problem muss dazu klar, prägnant, spezifisch und konkret formuliert werden.

Der nächste Schritt besteht darin, das Problem in kleinere und einfachere Teile zu zerlegen: Welches sind die Ursachen des Problems? Welche Auswirkungen hat das Problem? Was sind wichtige Einschränkungen oder Begrenzungen des Problems? Welche Annahmen oder Überzeugungen liegen dem Problem zugrunde? Was sind die Ziele oder erwünschten Ergebnisse, die wir mit der Lösung des Problems verbinden?

Der letzte Schritt ist ein Brainstorming zu möglichen Lösungen für jeden Teil des Problems und dann die Formulierung der Lösung als Ganzes.

4.   Goodharts Gesetz

SMART-Ziele (spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert) sind in der heutigen Welt allgegenwärtig. Sie dienen als Maßstab für den Erfolg von Unternehmen, politischen Maßnahmen und individuellen Fortschritten. Doch Vorsicht ist geboten! So warnt Goodharts Gesetz in seiner populären kurzen Fassung:

„Wird eine Messgröße zum Ziel, hört sie auf, eine gute Messgröße zu sein.“

Diese generalisierte Erkenntnis, die im Kern auf den britischen Ökonomen Charles Goodhart zurückgeht, weist auf die Gefahr hin, die entsteht, wenn Indikatoren selbst zu festen Zielen werden, sprich wenn sich alles mehr um die Messgröße dreht als um das dahinter liegende Ziel. Dieses Phänomen lässt sich in verschiedenen Bereichen beobachten, von der Wirtschaft bis zur Politik.

Ein Beispiel aus Hanoi, als dieses noch unter französischer Kolonialherrschaft stand, veranschaulicht die Problematik. Im Bemühen, eine Rattenplage zu bekämpfen, führte das Regime 1902 das Prinzip ein, dass die Menschen eine Prämie erhielten, wenn sie für jede erlegte Ratte einen abgetrennten Rattenschwanz abgaben. Irgendwann allerdings wurden Ratten ohne Schwänze entdeckt. Vietnamesische Rattenfänger fingen die Ratten ein, schnitten ihnen die Schwänze ab und entließen sie dann wieder in die Freiheit, damit sie sich weiter vermehren konnten – um ihnen ein höheres Einkommen zu bescheren.

Ein amerikanischer Historiker, der diese Episode Jahrzehnte später entdeckte, nannte sie das „Great Hanoi Rat Massacre“.

Ein ähnliches Problem, bei dem eine Maßnahme Anreize setzt, die ihrem eigentlichen Ziel zuwiderlaufen, findet sich bei manchen politischen Entscheidungen. Werden bestimmte Indikatoren wie die Arbeitslosenquote oder das Wirtschaftswachstum zu Hauptzielen, können politische Akteure Maßnahmen ergreifen, die sich kurzfristig positiv auf diese Indikatoren auswirken, aber langfristig negative Folgen haben.

Daher stellt sich die Frage: Was lässt sich aus Goodharts Gesetz lernen? Vor allem ein Bewusstsein dafür, dass die Überbetonung bestimmter Indikatoren zu unerwünschten, ja absurden Verhaltensänderungen führen kann. Maßnahmen, die zum Selbstzweck werden, statt das ursprüngliche Problem zu lösen, sind bedeutungslos. Flexible und vielfältige Bewertungsmethoden, die unterschiedliche Aspekte berücksichtigen, können hier einen Ausweg bieten.

In einer Welt, in der Daten und Metriken eine immer wichtigere Rolle spielen, ist dieses Gesetz eine Mahnung, dass das Festhalten an starren Messgrößen den Blick auf das eigentliche Ziel verstellen kann. Es erinnert daran, dass der Weg zum Erfolg nicht allein durch Zahlen geebnet wird, sondern durch kluge und umsichtige Entscheidungen, die den Gesamtkontext berücksichtigen.

5.   Das Acton'sche Gesetz

Lord Acton, ein berühmter britischer Historiker und Politiker des 19. Jahrhunderts, formulierte 1887 in einem Brief eine eindringliche Warnung, die auch heute noch aktuell ist:

„Power tends to corrupt, and absolute power corrupts absolutely. Great men are almost always bad men.“

Diese Worte werfen ein Schlaglicht auf die dunkle Seite menschlicher Macht, auf ihren potenziellen Missbrauch. Actons Erkenntnis, dass Menschen dazu neigen, sich von Macht korrumpieren zu lassen, ist angesichts der Rufe nach diktatorischen Lösungen in vielen Ländern heutzutage besonders relevant. In einer Zeit, in der Führungspersönlichkeiten und Institutionen mit großer Autorität ausgestattet sind, ist es unerlässlich, die Gefahren des Machtmissbrauchs zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken.

Zum einen ist die Geschichte voll von Beispielen, in denen absolute Macht zu verheerenden Folgen geführt hat. Von politischen Führern über Wirtschaftsmagnaten bis hin zu kulturellen Ikonen – Actons Warnung scheint universell gültig zu sein. Der Einfluss von Machtpositionen kann Menschen dazu verleiten, ethische Grenzen zu überschreiten und die Interessen der Allgemeinheit zu vernachlässigen.

Zum anderen unterstreichen aktuelle geopolitische Ereignisse und die anhaltende Debatte über Machtungleichgewichte in der Welt die zeitlose Dringlichkeit von Lord Actons Warnung. Die Frage, wie Macht einerseits verantwortungsvoll ausgeübt und andererseits kontrolliert werden kann, ist zu einer zentralen Herausforderung für Gesellschaften weltweit geworden.

Die Medien spielen eine entscheidende Rolle bei der Überwachung und Aufdeckung von Machtmissbrauch. Ein gut ausgebildeter investigativer Journalismus kann dazu beitragen, Machthaber zur Rechenschaft zu ziehen und die Öffentlichkeit über mögliche Gefahren aufzuklären. Eine Gesellschaft hingegen, in der Medien unter Druck gesetzt werden oder die Nähe zur Macht suchen, verliert eine wichtige Kontrollinstanz. Lord Actons Worte sollten uns allen als Appell dienen, Machtstrukturen kritisch zu reflektieren und Mechanismen zu schaffen, die Machtmissbrauch verhindern.

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Georgiy Michailov Managing Partner Dipl.-Volkswirt, B.M. (TSUoE)

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